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Redebeitrag: Feminism for Climate Justice

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Hallo, schön, dass ihr alle hier seid, und danke, dass ich hier sprechen darf. Ich bin Gegenstrom Hamburg, und
wir haben als Klimagerechtigkeitsgruppe für diese Demo heute mobilisiert, weil wir es für enorm wichtig halten, unsere Kämpfe für eine geschlechtergerechte und eine klimagerechte Gesellschaft zusammen zu denken und zu führen.

Dafür ist es wesentlich, zu verstehen, dass sowohl die Ausbeutung von Frauen bzw. FLINTs, kolonialrassistische
Unterdrückung, die bis heute wirkt, und die Produktion der Klimakrise eine entscheidende gemeinsame Ursache
haben: den patriarchalen Kapitalismus.

Der Kapitalismus, wie er sich in den letzten fünf Jahrhunderten herausgebildet hat, könnte ohne die diversen Formen der Ausbeutung nicht funktionieren. Diese Ausbeutung funktioniert nur, solange wir uns gegeneinander ausspielen lassen. Die Auseinandersetzung mit Rassismus und Sexismus, um sie in uns selbst zu überwinden, ist daher ein wichtiger Teil unserer gemeinsamen Befreiung, weil sie ermöglicht, dass wir einander näher kommen. Und uns verbünden.

Von der Klimakrise sind FLINT in besonderem Maße betroffen, weil sie in den meisten Gesellschaften benachteiligt
werden. FLINT und Menschen mit geringem Einkommen, ohne Versicherungen und mit weniger gesellschaftlicher
Absicherung treffen Extremwetterereignisse ungleich härter, als die gutsituierte Mittelschicht. Die Gebiete, in denen
sie leben, sind Stürmen, Fluten, aber auch Schadstoffbelastungen häufig stärker ausgesetzt. FLINT haben den
Klimawandel dabei in wesentlich geringerem Maße zu verantworten, und dürfen nur wenig Teil haben an den
politischen Prozessen, bei denen über den Umgang mit der Klimakrise entschieden wird.

Trotzdem wird ein großer Teil der Bewegungen für Umwelt- und Klimagerechtigkeit weltweit von Frauen angeführt:
Sei es gegen Kohleabbau, Waldrodungen, Pipeline-Baus. FLINT haben trotz Jahrhunderte andauernder Auseinandersetzungen und Kämpfe für ihr Existenzrecht nicht aufgegeben. Dass ich hier sprechen kann, als Frau,
haben andere für mich und uns alle erkämpft. Das feiern wir heute und das sollten wir, die Klimagerechtigkeitsbewegung, uns besonders zu Herzen nehmen.

Denn wir neigen dazu, das Bild einer Apokalypse am Horizont zu zeichnen – Was passieren wird, wenn wir es nicht schaffen, den Klimawandel einzudämmen – von Verhindern können wir leider nicht mehr Sprechen. Die Klimakrise ist längst ein Problem von heute, nicht von morgen. Und bei all der Dringlichkeit, die es braucht, um einen möglichst großen Teil unser aller Lebensgrundlagen zu bewahren, dürfen wir nicht vergessen, dass es um einen größeren Wandel geht. Einen, für den FLINT schon seit Jahrhunderten kämpfen. Ein Wandel hin zu einer gerechten und selbstbestimmten Gesellschaft.

Wenn wir die Apokalypse am Horizont zeichnen, machen wir damit ein Stück weit unsichtbar, dass die Realität für
viele Menschen schon heute zur Apokalypse gemacht wird. Dass weltweit Millionen Menschen ausgebeutet und
unterdrückt werden, damit Konzerne Profite machen können. Auch das ist kein Problem von morgen.
Doch schon seit es Unterdrückung und Ausbeutung gibt, gibt es Menschen, die sich dagegen wehren, in deren
Fußstapfen wir treten und aus deren Erfahrungen wir lernen können.

Die Apokalypse am Horizont macht auch unsichtbar, dass wir trotz der Klimakrise für eine Welt kämpfen können, die besser ist, als die heutige. Das bedeutet nicht, dass wir uns jetzt Zeit lassen können – aber, dass wir aufpassen müssen, in der Eile nicht auf Scheinlösungen hereinzufallen, die letztlich wieder nur wenigen nützen. Es geht nicht darum, mehr Frauen in die Chef-Etagen zu lassen, sondern die Chef-Etagen selbst abzuschaffen. Es geht darum, allen Menschen Zugang zu den Entscheidungsprozessen zu ermöglichen, von denen sie betroffen sind.

Es geht nicht nur darum, die Netto-Emissionen zu senken, sondern eine Gesellschaft aufzubauen, in der Ausbeutung
von Mitmenschen und Mitwelt Geschichte ist.

Es geht nicht darum, den Wirtschaftswachstumskuchen weiter wachsen zu lassen, damit auch ein paar Krümel nach
unten fallen – es geht darum den Kuchen in gerechte Stücke zu teilen. Es geht darum, eine solidarische Gesellschaft
aufzubauen, Verantwortung für die begangenen Verbrechen und Grausamkeiten zu übernehmen. Das bedeutet auch,
die Menschen willkommen zu heißen, deren Zuhause durch den Klimawandel, die Machenschaften von Konzernen und
wachstumsorientierter Regierungen zerstört wurden und werden. Es geht darum, solidarische Beziehungen zu
entwickeln, aufrichtig zu zeigen, dass wir füreinander wichtig sind.

Wir wurden alle nicht gefragt, ob wir gerne in eine ausbeuterische Welt geboren werden wollen. Doch das befreit uns
nicht von der Verantwortung und es beendet nicht unsere Sehnsucht, die Welt zu schaffen, in der Platz für alle ist.

Lasst uns den patriarchalen Kapitalismus als eine Phase betrachten. Er ist kein Naturgesetz! Wir können ihm Widerstand entgegen setzen, wir können mithelfen ihn umzuwerfen und durch eine solidarische gesellschaftliche Lebensweise zu ersetzen – wenn wir bereit sind, voneinander und miteinander zu lernen, was Freiheit, Selbstbestimmung, Kooperation und Freundschaftlichkeit wirklich bedeuten.